Heiko Häselbarth, 21.03.1994
KOMMUNIKATION IM UNTERRICHT
1) Einleitung - Kommunikationstheorie
2)
Kommunikationsabläufe im Unterricht
2.1.) Grundlagen
2.2.)
Kommunikationsfördernde Aktivitäten
3) Nonverbale Kommunikation
4) Exkurs:
Kommunikative Didaktik
1) Einleitung - Kommunikationstheorie
Mit dem Begriff Kommunikation wird sowohl der
Vorgang als auch das Ergebnis der Übertragung von Informationen verstanden. Es kann sich
hierbei um verbale oder nonverbale Informationsübertragung handeln.
Als analytische Einheiten sind dabei ein Sender (Initiator), ein Empfänger (Rezipient), ein Kommunikationsmodus oder -kanal (z.B. die Sprache), eine Botschaft (inhaltlich bestimmbare Information) und ein nach deren Empfang erfolgender Effekt von Bedeutung.
Es soll hier nun in Kürze die Axiomatik der Kommunikation nach Paul Watzlawick
dargestellt werden:
1.Axiom der Metakommunikation
Man kann nicht nicht kommunizieren!
2.Axiom der Metakommunikation
Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, daß
letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist!
3.Axiom der Metakommunikation
Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion (Regeln) der
Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt!
4.Axiom der Metakommunikation
Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler (den Informationsgehalt
betreffender) und analoger (die Beziehung betreffender) Modalitäten. Digitale
Kommunikationen haben eine komplexe und vielseitige logische Syntax, aber eine auf dem
Gebiet der Beziehungen unzulängliche Semantik. Analoge Kommunikationen dagegen besitzen
dieses semantische Potential, ermangeln aber die für eindeutige Kommunikationen
erforderliche logische Syntax.
5.Axiom der Metakommunikation
Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.
Bei der symmetrischen Interaktion erfolgt ein spiegelbildliches Verhalten zweier Partner. Es besteht ein Streben nach Gleichheit bzw. nach Verminderung von Unterschieden zwischen den Partnern.
Bei der komplementären Interaktion wird das Verhalten eines Partners durch das
Verhalten des anderen ergänzt. Sie basiert auf sich gegenseitig ergänzenden
Unterschieden. Man unterscheidet die superiore (primäre) Stellung und die inferiore
(sekundäre) Stellung der einzelnen Partner.
Jede Kommunikation hat vier Ebenen. Den Sachaspekt, den Beziehungsaspekt, die
Selbstoffenbarung und den Appellaspekt.
2) Kommunikationsabläufe im
Unterricht
Die Erziehung zur Kommunikationsfähigkeit und die Ausbildung kommunikativer Fertigkeiten sind wichtige Anliegen des Deutschunterrichts. Erziehung zur Kommunikationsfähigkeit heißt hierbei nichts anderes als die kommunikative Kompetenz der Schüler auszubilden und ständig weiterzuentwickeln. Kommunikative Kompetenz ist also die Fähigkeit, sich selbst, seine Absichten, Interessen und Bedürfnisse in Interaktionsprozessen dem Kommunikationspartner zugänglich zu machen.
In einer weiteren für den vorliegenden Zusammenhang interessanten, Definition wird Kommunikation als "die, Fähigkeit des Individuums, seine Gefühle und Ideen einem anderen mitzuteilen, sowie die Fähigkeit von Gruppen, enge und vertrauliche Verbindungen miteinander zu haben" beschrieben (Wörterbuch der Soziologie 1982, 390 Stichwort Kommunikation).
Betrachtet man Kommunikationsabläufe im Unterricht, so kann man drei Aspekte hervorheben:
1. Inhaltsaspekt
Inhaltsbotschaften werden überwiegend über die Verbalsprache vermittelt.
Es erfolgt hier die Vermittlung von Informationen, Fragen usw. und damit eine Auseinandersetzung und Verständigung über Regeln, Begriffe, Handlungsabsichten und Sachverhalte.
Auf der nonverbalen Ebene erfolgt eine Unterstützung der wörtlichen Rede durch Gestik und Mimik (z.B. eine Handbewegung, mit der die Größe eines Gegenstandes angedeutet wird).
2. Beziehungsaspekt
Beziehungsbotschaften werden überwiegend über die Körpersprache vermittelt.
Sympathien und Antipathien werden durch Gestik und Mimik ausgedrückt (Lächeln) oder durch Körperzu- oder Abwendung. Es erfolgt der Ausdruck von Gefühlen (z.B. Lachen, Weinen, Trauer, Wut).
Durch den Beziehungsaspekt werden die Sozialbindungen aufrechterhalten (z.B. ein liebevoll-mütterliches Verhältnis durch Körperkontakte während des Unterrichts).
Auf der verbalen Ebene erfolgt der Ausdruck von Beziehungen bewußt (z.B. "Ich mag Dich!"), oder unbewußt (z.B. ungewollte Bevorzugungen oder Benachteiligungen einzelner Schüler).
Von erheblicher Bedeutung ist der Tonfall (warm, herzlich oder distanziert, eisig).
3. Prozeßaspekt
(Steuerungsfunktion, d.h. um den Unterrichtsprozeß zu steuern)
Prozeßbotschaften werden über die Verbal- als auch über die Körpersprache vermittelt.
Es erfolgen verbale Regieanweisungen ("Haltet jetzt endlich den Mund!") und verbale Interventionen ("Ich hab' das nicht verstanden!"). Weiterhin wird das Unterrichtstempo durch Intonation und das Sprechtempo gesteuert.
Auf der nonverbalen Ebene erfolgen Signale der Aufmerksamkeit (z.B. Kopf-Heben), des Verstehens (Nicken, Blickkontakt) und des Bewertens (z.B. Lächeln, Abscheugestik), weiterhin mimische oder gestische Ermahnungen (z.B. drohender Zeigefinger) und Lob. Vom Prozeßaspekt wird auch das Melden und Drannehmen bestimmt.
Der Rahmenplan Deutsch in der Grundschule betont die "... besondere Funktion der Sprache für die gesamte Erziehungs - und Unterrichtsarbeit, denn Erwerb und Ausbau der Sprache betreffen fast alle Lernprozesse und Unterrichtsbereiche und werden im Sekundarbereich fortgesetzt. Menschen sind existentiell auf Sprache angewiesen. Erfahrungen, Gedanken und Gefühle werden durch Sprache ausgedrückt und mitgeteilt und damit Beziehungen zur Umwelt und zu anderen Menschen aufgenommen." (Rahmenplan Deutsch, 1990, Seite 1).
Da bei jeder Kommunikation neben inhaltlichen Aspekten auch, und zwar determinierend, eine Beziehungsebene existiert und sich entwickelt, ist es für jedes Kind wichtig, Sprachkompetenz in der Schule zu erwerben. Nur ausgestattet mit einer entsprechenden Sprachkompetenz kann Kommunikation erfolgreich verlaufen. Unter dem Gesichtspunkt, daß es sich hier um Kinder mit Sprachauffälligkeiten handelt, ist dies im besonderen Maße zu beachten.
Im Rahmenplan wird hierzu weiter ausgeführt, daß Sprache "... Grundlage ist, für Erkenntnis und Einsicht in Zusammenhänge, für Urteil und Wertung, sie ermöglicht es, sich darüber zu verständigen." (Rahmenplan Deutsch, 1990, Seite 1).
"Je sicherer ein Kind seine Muttersprache beherrscht, desto besser sind seine Möglichkeiten zum sprachlichen Handeln in Gegenwart und Zukunft." "Daher sind Aufnahme von sozialen Beziehungen und die inhaltliche Verständigung gleichrangige Ziele sprachlichen Handelns. Sie können im Deutschunterricht nur im handelnden Umgang erweitert werden." (Rahmenplan Deutsch, 1990, Seite 2).
Auch hier wird deutlich, daß der Begriff der Sprachbetrachtung, wie im Rahmenplan verwendet, die Untersuchung der lebenden Sprache, so wie sie von den Kindern verwendet wird, bezeichnet.
Um soziales Lernen heute in der Schule zu verwirklichen, eignet sich in erster Linie die Sozialform Gruppenarbeit im Unterricht.
Damit Kinder aber kooperativ tätig werden können, müssen sie kommunikationsfähig sein, was wiederum eine gewisse Sprachkompetenz voraussetzt. Folgende grundlegende Kommunikationstechniken müssen hierfür erlernt und ständig vervollkommnet werden:
Zuhören, Fragen, Ergänzen, Zustimmen, Ablehnen, Bitten, Fordern, Aufgreifen, Widerlegen.
Die Schüler müssen die Möglichkeit erhalten, diese Kommunikationstechniken in situationsbedingten Kommunikationsprozessen anwenden zu können, um soziale Situationen möglichst genau zu erfassen und auf diese adäquat zu reagieren. Hierbei ist es wichtig, daß sich die Schüler in andere hineinversetzen können, anderen Hilfe geben und aktivieren können und auch selber in der Lage sind, Hilfe anzunehmen. Sie müssen Konflikte erkennen, verhindern, lösen, aber auch ertragen können. Da bei sprachbehinderten Kindern die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt ist, gilt es hier das Erlernen von Kommunikationstechniken in besonderer Weise zu fördern.
Alle verbalen Botschaften sind Codes - Sprachäquivalente für unsere Gefühle, nicht die Gefühle selbst. Von größter Wichtigkeit für den Lehrer ist also die Entschlüsselung von Schülerbotschaften! Die Botschaft wird falsch verstanden, wenn der Lehrer nur auf den Code des Schülers reagiert. Der Schüler fühlt sich unverstanden, was zu einer Verschlechterung der Lehrer-Schüler-Beziehung führt.
Solche Kommunikationsspannungen können durch aktives Zuhören verhindert werden (d.h. Rückmeldung des Lehrers an den Schüler, ob die Botschaft des Schülers richtig verstanden wurde).
Es sollen nun einige Beispiele für Schülerbotschaften aufgeführt werden, die vom
Lehrer nicht leicht verstanden werden, weil sie auf besondere Weise verschlüsselt sind,
d.h. der Code drückt nicht klar aus, was im Schüler vorgeht.
Der Schüler fühlt:
Seine verschlüsselte Botschaft:
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1. Angst vor der bevorstehenden Prüfung.
"Warum müssen wir all das Zeug über die Verfassung lernen ?"
2. Furcht, nicht für die Fußballmannschaft ausgewähltzu werden.
"Muß ich heute am Sport teilnehmen ?"
3. Überforderung durch den Umfang der aufgegebenen Hausaufgaben.
"Das Zeug ist zu schwer - ich kann es einfach nicht verstehen."
4. Angst, zurückgestoßen und nicht geliebt zu werden.
"Martha ist eine eingebildete Ziege."
5. Enttäuschung über das Resultat einer gestellten Aufgabe im Kunstunterricht.
"Ich hasse Kunst - das ist was für Mädchen."
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Betrachtet man Kommunikationsabläufe im Unterricht, so spielen die Unterrichtsmethoden eine bedeutende Rolle. Sie leisten eine symbolische Vermittlung der Wirklichkeit der Welt.
Die im Unterricht durch das methodische Handeln von Lehrern und Schülern inszenierte Wirklichkeit symbolisiert also die Wirklichkeit außerhalb des Unterrichts. Unterrichtsmethoden sind somit Symbolträger für die Wirklichkeit außerhalb des Klassenzimmers und eine eigene Unterrichtswirklichkeit. Diese beiden Aspekte gilt es bei Interaktionsprozessen zu beachten.
Folgende Symbolisierungsformen können in der Schule bestehen:
- Sprechen (verbal und nonverbal)
- Schreiben
- Rechnen
- Bildnerisches Gestalten
- Musizieren
- Spielen
- Tanzen
- Szenisches Darstellen
- Gehen, Wandern, Sich im Raum bewegen
- (körperlich) Arbeiten
Welche entsprechende Sozialform des Unterrichts der Lehrer für eine bestimmte Unterrichtsstunde wählt ist von großer Bedeutung, da diese die Kommunikations- und Integrationsstruktur des Unterrichts regeln.
Wir unterscheiden die Sozialformen Frontalunterricht, Gruppenunterricht, Partnerarbeit und Einzelarbeit.
Es soll hier nicht näher auf die Vor- und Nachteile einzelner Sozialformen des Unterrichts eingegangen werden. Da allerdings der Frontalunterricht heute noch deutlich überwiegt, nur diese Bemerkung:
Im Frontalunterricht wird die direkte Zusammenarbeit der Schüler untereinander nur
begrenzt zugelassen. Die Kommunikation zwischen dem Lehrer und den Schülern steht im
Vordergrund der Aufmerksamkeit. Meist bedingt die Frage des Lehrers eine durch diesen
schon vorgedachte Schülerantwort. Der Schüler ist somit gezwungen der Denklinie des
Lehrers zu folgen. Gibt der Lehrer hingegen einen Impuls und läßt auch unterschiedliche
Schüleräußerungen zu, so fördert dies nicht nur kreatives Denken, sondern erweitert
auch bedeutend die kommunikative Kompetenz der Schüler. In einem gut geführten
Frontalunterricht ist dies sicher praktikabel. Jedoch eignen sich die Sozialformen
Gruppenunterricht und Partnerarbeit sicher besser, um die so wichtige Kommunikation
zwischen den Schülern auszubilden und zu erweitern.
2.2.) Kommunikationsfördernde Aktivitäten
Es stellt sich nun die Frage, wie der Lehrer ein adäquates Kommunikationsverhalten der Schüler fördern kann bzw. wie aktive Kommunikation im Unterricht überhaupt erreicht werden kann. Hierfür kommen vielfältige kommunikationsfördernde Aktivitäten in Betracht.
Schon erwähnt wurde das Aktive Zuhören. Der Lehrer reagiert hier auf eine Schüleräußerung nicht mit einer Gegenposition, sondern hilft dem Schüler das, was dieser sowieso schon ausdrücken will, besser und bestimmter zu formulieren (Echo-Technik). Es erfolgt somit keine stromlinienförmige Durchsetzung der eigenen Sicht des Lehrers von den Dingen. Die Lehrer- Schüler-Beziehung wird auf eine Ebene gebracht, in der sich Lehrer und Schüler erst einmal verstehen und nicht aneinander vorbeireden.
Als weitere kommunikationsfördernde Aktivitäten gelten die sogenannten Beteiligungsrituale. Eine sehr erfolgreiche Methode, die Schüler zur Kommunikation anzuregen ist hierbei das "Brain-Storming" (phantasievolle Ideensammlung). Der Lehrer gibt einen Gegenstand bzw. ein Problem vor, und die Schüler sollen sich nun spontan dazu äußern, d.h. Ideen sammeln. Dabei ist alles erlaubt. Der freie Gedankenfluß der Schüler soll keinesfalls von außen eingeengt werden. Der Lehrer sollte nur Impulse geben und sich möglichst zurückhalten. Auch die Thematik sollte nicht eingeengt werden.
Eine ähnliche Form stellt die "Konferenz" dar. Jeder Schüler einer Klasse formuliert hier seine Position zu einem bestimmten Problem. Im Anschluß wird Konsens oder Dissens festgestellt. Ein Konsens muß nicht zwanghaft erreicht werden.
Auch das "Blitzlicht" ist ein sogenanntes Beteiligungsritual. Jeder Schüler muß hier zu einem bestimmten Thema seinen persönlichen Kommentar geben. Kritik an den Kommentaren der Mitschüler ist nicht zulässig.
Auch der "Einspruch" regt die Schüler zur Kommunikation an. Es handelt sich hier um eine standardisierte Form des Protests von Schülern gegen Entscheidungen des Lehrers oder der Mitschüler.
In meinen Unterrichtspraktika und Hospitationen konnte ich feststellen, daß Lehrer
viel zuviel reden. Schüler können kaum kommunikativ aktiv werden, wenn der Lehrer die
meiste Zeit des Unterrichts redet. Somit sollte das "Schweigen" des Lehrers als
eine didaktisch zu planende Arbeitsform betrachtet werden. Versucht man einmal, z.B. nach
der Einführung eines neuen Lesestückes im Literaturunterricht bzw. eines neuen Themas
überhaupt, nur wenige Minuten zu Schweigen, um den Schülern die Möglichkeit zu geben,
ihre Gedanken zu sammeln und bestimmte Inhalte zu verinnerlichen, so wird dies sehr
schwerfallen. Kreative eigene Schüleräußerungen können jedoch nur verinnerlichtes
Gedankengut widerspiegeln. Der Lehrer muß dem Schüler die Möglichkeit geben, eigene
Gedanken zu entwickeln. Nur wenn Schüler so entsprechend motiviert sind, werden sie sich
selbstbewußt äußern und ihre Position auch vertreten.
Kommunikation im Unterricht wird dann zum konstruktiven Beitrag eines gelungenen
Sozialisationsprozesses und nicht zu einem reinen Abfragen von Unterrichtsinhalten durch
den Lehrer. Die Schüler haben die Möglichkeit Eigeninitiative zu entwickeln und somit
Selbstdarstellung und Durchsetzungsvermögen gegenüber anderen auf der sprachlichen Ebene
zu realisieren.
Da ich der Meinung bin, daß der nonverbalen Kommunikation im Unterrichtsgeschehen eine erhebliche Bedeutung zukommt, diese jedoch oft verkannt wird, möchte ich in diesem Rahmen kurz auf diese Form der Kommunikation eingehen.
Nonverbale Kommunikation (Körpersprache) kann zeitgleich mit der Verbalsprache gesendet werden. Damit ist zugleich das Aussenden und Empfangen von Botschaften möglich.
Bei verbaler Kommunikation kann immer nur einer (Lehrer oder Schüler) senden und der andere muß empfangen. Die nonverbale Kommunikation läßt demgegenüber "Gegenverkehr" zu und erleichtert dadurch die Kommunikation zwischen dem Lehrer und den Schülern und natürlich auch zwischen den Schülern.
Notwendige, sonst verbal gesendete, Regieanweisungen können zu einem großen Teil durch Körpersprache gesendet werden, wodurch die Verbalsprache entlastet wird. Dies vermindert das Redevolumen des Lehrers und steigert die Aufmerksamkeitsspanne der Schüler.
Nonverbale Kommunikation erfolgt auf zwei Ebenen:
1. Angeborener Grundbestand körpersprachlicher Gesten und Gebärden(z.B. Anspannen bestimmter Gesichtsmuskeln beim Lachen).
2. Körpersprachliche Gesten und Gebärden, die im Sozialisationsprozeß erlernt werden (z.B. Begrüßungsbewegungen, das Umarmen, das Die-Hand- Geben)
Jeder Mensch hat somit eine individuelle Körpergeschichte, in welcher sich die Eigenart körpersprachlicher Ausdrucksformen bilden. Die individuelle Körpergeschichte bestimmt die Stabilität der von den einzelnen Menschen entwickelten Körpersprache.
Soziale Erfahrungen, die der Mensch mit seinem Körper gemacht hat, sind im sogenannten Körpergedächtnis gespeichert. Dieses Körpergedächtnis kann unabhängig vom Kopfgedächtnis existieren.
Somit können körpersprachliche Botschaften auch in Widerspruch zu den verbalen Botschaften treten, ohne daß der Betreffende es merkt. Ist man also in der Lage nonverbale Botschaften zu entschlüsseln, können anhand von Körpersprache verbale Botschaften überprüft werden. Allerdings ist beim Menschen erst mit 25 - 30 Jahren die nonverbale Dekodierungsfähigkeit voll ausgebildet (nach empirischen Untersuchungen von Hall u.a. 1978).
Gerade Lehrer sollten der Körpersprache größere Beachtung schenken und diese vor allem gezielt einsetzen, um Kommunikation zu fördern. Stehen die verbalen Botschaften eines Lehrers in klarem Widerspruch zu seinen nonverbalen Botschaften, so entstehen zwangsläufig Kommunikationsstörungen.
Körpersprache ist durch zwei Funktionen im Unterricht bzw. der Schule gekennzeichnet:
1. Körpersprache dient der Kommunikationshygiene des Unterrichts.
2. Körpersprache dient der Aufrechterhaltung des schulischen Gewaltverhältnisses (unabhängig davon, ob sich der Lehrer dessen bewußt ist oder nicht).
Weiterhin ist zu erwähnen, daß Körpersprache geschlechtsspezifisch erfolgt, schichtspezifisch überformt ist und auch berufsspezifisch geprägt ist. Hierauf soll in diesem Rahmen nicht näher eingegangen werden.
Die Körpersprache ist die umfassende leibliche Grundlage der Verbalsprache. Sie ist daher von großer Bedeutung bei der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen.
Vor allem Lehrer sollten sich ihre eigene körpersprachliche Wirkung bewußt machen, um diese entsprechend einsetzen zu können und darauf achten, daß die gesendeten Inhalts-, Prozeß- und Beziehungsbotschaften stimmig zueinander sind.
Welch große Bedeutung nonverbale Kommunikation vor allem in Sprachheilschulen hat,
wurde mir während eines Praktikums klar. Ich konnte beobachten, daß Kinder, deren
Sprache gestört ist, auf nonverbale Botschaften des Lehrers hoch sensibel reagierten.
4) Exkurs: Kommunikative Didaktik
Interaktionen und Interpunktionen werden im Alltag in der Regel als komplementäre Beziehungen realisiert. Dabei wird die situationsdefinierende Position von einer von der Gesellschaft mit einem Vorteil ausgestatteten Person eingenommen.
In Lehrer-Schüler-Beziehungen besteht eine verstärkte Alphaposition der Autoritätsperson (Lehrer). Legitimiert ist diese Position durch die Rechtmäßigkeit ihrer Anordnungen, gestützt durch Gesetze, Ausbildungspläne, Prüfungsordnungen usw. Die Beziehungsdefinition kann somit auch gegen das Widerstreben des anderen durchgesetzt werden. Diese Form der Autorität wird Macht genannt.
Demgegenüber wird von einer Didaktik, die sich an Idee und Praxis der Interaktion orientiert, immer wieder die Symmetrie der Beziehungen in den Vordergrund gerückt. Somit müssen Chancen eröffnet werden, symmetrische Beziehungen in der Schule zu realisieren. Weiterhin müssen Fähigkeiten erworben werden, Beziehungsebenen und Metaebenen thematisch zu machen.
Vertreter einer kritisch-kommunikativen Didaktik weisen besonders darauf hin, daß organisatorische, rechtliche und andere Verhinderungen hinterfragt und aus dem Wege geräumt werden müssen, damit einer symmetrischen Interaktion eine Chance gegeben werden kann.
Während Watzlawick u.a. die Kommunikation unter sozialpsychologischem Gesichtspunkt betrachten, hat Mollenhauer auf die sozialpädagogische Bedeutung dieses Begriffs aufmerksam gemacht. Die Kommunikative Didaktik geht stark vom Individuum aus, wobei Mollenhauer auch den Einfluß der Gesellschaft nicht außer acht ließ.
Auch Dieter Ulich (Pädagogische Interaktion. Theorien erzieherischen Handelns und sozialen Lernens, 1976) kann als ein Vertreter der Kommunikativen Didaktik gelten. Er hebt insbesondere die persönlichkeitsbildende Kraft symbolischer Interaktionen hervor.
Klaus Schaller hingegen interpretiert Kommunikation, indem er auf die klassische Auffassung von der Erziehung als dialogisches Verhältnis zurückgreift, wie sie von Martin Buber in seinem Buch "Reden über Erziehung" (1956) bereits 1923 vorgetragen wurde.
Die Kommunikative Didaktik als eine didaktische Theorie besteht etwa seit Anfang der 70er Jahre und ist an der kritischen Theorie der Frankfurter Schule orientiert. Jedoch wird diese Theorie als weit über den Schulalltag hinaus gültige verstanden. Nicht nur die Veränderung des Unterrichts, sondern eine Veränderung des Zusammenlebens der Menschen insgesamt wird angestrebt (Emanzipation durch Kommunikation).
Allerdings besteht die Gefahr, daß die "Diskursfähigkeit" überbetont wird, während Unterrichtsziele, die sich auf Kulturüberlieferung und lebenspraktische Ausbildung beziehen, vernachlässigt werden.
Gordon, Thomas : "Lehrer-Schüler-Konferenz - Wie man Konflikte in der Schule löst" Wilhelm Heyne Verlag, München, 1993.
Kron, Friedrich W.: "Grundwissen Didaktik", Ernst Reinhardt Verlag, München / Basel, 1993.
Meyer, Hilbert: "UnterrichtsMethoden - I:Theorieband", Cornelsen Verlag Scriptor, Frankfurt am Main, 1987.
Meyer, Hilbert: "UnterrichtsMethoden - II:Praxisband", Cornelsen Verlag Scriptor, Frankfurt am Main, 1987.
Meyers Kleines Lexikon "Pädagogik" Meyers Lexikonverlag, Mannheim/Wien/Zürich, 1988.
Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport: "Vorläufiger Rahmenplan für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule - Grundschule Klassen 1 - 6, Fach: Deutsch", Berlin, 1990.
Watzlawick, Paul / Beavin, Janet H. / Jackson, Don D. : "Menschliche Kommunikation - Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern/Stuttgart/Toronto, 1990.